Begriffserklärungen
* (Das Sternchen)
Das Sternchen dient als Platzhalter um ganz vielfältige Endungen anhängen zu können, so dass sich möglichst viele Menschen in einem Begriff wiederfinden können. So zeigen etwa Suchmaschinen bei dem Begriff Baum* Ergebnisse von Baum über Baumhaus bin hin zu Baumstamm.
trans*
Trans* ist ein Überbegriff für Personen, die sich nicht oder nur teilweise mit dem bei der Geburt eingetragenen Geschlecht identifizieren. Das Wort trans kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „jenseits/darüber hinaus“. Es gibt eine Vielzahl verschiedener Selbstbezeichnungen, die in verschiedenen Kontexten und Zeiten entstanden sind. Beispielsweise gibt es Begriffe wie transgender, Mann bzw. Frau (mit trans* Vergangenheit), nicht-binär, transgeschlechtlich, transident, transsexuell und weitere (siehe unten). Grundlegend wichtig ist es, Menschen nach der eigenen Selbstbezeichnung zu fragen und diese zu respektieren.
Manche trans* Personen möchten geschlechtsangleichende medizinische Maßnahmen oder eine Änderung des Vornamens und Geschlechtseintrags. Andere möchten keine oder nur bestimmte medizinische Maßnahmen oder ändern ihren Namen nicht
Anmerkung: Trans* Personen können sowohl dyadisch/endo als auch inter* sein.
trans* Frau/trans* weiblich
Trans* in Verbindung mit Frau oder weiblich ist eine mögliche Selbstbezeichnung von Frauen oder sich überwiegend als weiblich verstehenden Menschen, denen bei der Geburt ein anderes für sie nicht oder nicht komplett passendes Geschlecht eingetragen wurde.
Beispiel: Eine Person, der bei der Geburt der Personenstand männlich eingetragen wurde und die sich weiblich identifiziert, ist eine trans* Frau.
trans* Mann/trans* männlich
Trans* in Verbindung mit Mann oder männlich ist eine mögliche Selbstbezeichnung von Männern oder sich überwiegend als männlich verstehenden Menschen, denen bei der Geburt ein anderes für sie nicht oder nicht komplett passendes Geschlecht eingetragen wurde.
Beispiel: Eine Person, der bei der Geburt der Personenstand weiblich eingetragen wurde und die sich männlich identifiziert, ist ein trans* Mann.
nicht-binär/non-binary/enby
Nicht-binär ist ein Überbegriff für Personen, die sich nicht oder nicht ausschließlich männlich oder weiblich identifizieren . Die verschiedenen Geschlechtsidentitäten in diesem Spektrum sind sehr vielfältig. Sie können sich beispielsweise zwischen männlich und weiblich oder außerhalb dieser Kategorien verorten, beide Kategorien umfassen (bigender) oder sich gar keinem Geschlecht zuordnen (agender). Bei manchen Personen ändert sich die Geschlechtsidentität immer wieder (genderfluid). Manche nicht-binären Personen verstehen sich als trans* Personen, manche nicht.
Anmerkung: Enby ist eine häufig genutzte Abkürzung für non-binary (Die Buchstaben n und b englisch ausgesprochen).
Frau bzw. Mann mit trans* Vergangenheit
Diese Bezeichnung wird von manchen Menschen verwendet, die trans* als vorübergehendes Stadium verstehen auf dem Weg zum Leben in ihrem Geschlecht.
transgender
Transgender ist ähnlich wie trans* ein weit gefasster Begriff, der eine Vielzahl von Geschlechtsidentitäten und -ausdrucksweisen beschreibt, ohne auf ein medizinisch-juristisches Vokabular zurückzugreifen.
transgeschlechtlich
Transgeschlechtlich ist die deutsche Übersetzung von transgender.
transident
Der Begriff wurde als Alternative zu „transsexuell“ eingeführt, um zu betonen, dass es sich um eine Frage der Geschlechtsidentität und nicht der Sexualität handelt.
transsexuell
Transsexuell kann eine bewusste Selbstbeschreibung mancher Personen sein. Andererseits wird der Begriff von manchen trans* Personen stark abgelehnt, da der Begriff aus einem pathologisierenden medizinischen Kontext kommt. Durch die Endung –sexuell kann es außerdem zu Verwechslungen mit Sexualität kommen. Geschlechtsidentität und Sexualität drücken aber unterschiedliche Aspekte aus.
Der Begriff sollte daher nur auf Wunsch der betreffenden Person verwendet werden.
cis
Menschen, die sich mit dem bei der Geburt eingetragenem Geschlecht identifizieren, werden als cis Frauen bzw. cis Männer bezeichnet. Cis bezeichnet also Menschen, die nicht trans* sind.
Cis ist der wertungsfreie Gegenbegriff zu trans*. Er stammt aus dem Lateinischen und bedeutet „diesseitig“.
Trans*feindlichkeit
Der Begriff beschreibt die Abwertung, Ausgrenzung und Diskriminierung von trans* Menschen aufgrund ihres trans* Seins. Trans*feindlichkeit zeigt sich beispielsweise in der Abwertung von trans* Menschen, verbalen und körperlichen Grenzüberschreitungen, gesellschaftlicher Benachteiligung bis hin zu manifester physischer Gewalt. Trans*feindlichkeit ist eine Form der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit. Ähnlich wie Homofeindlichkeit, Rassismus etc. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit bedeutet, dass Personen bestimmte Gruppen als weniger Wert empfinden und hegen Ekel, Aversionen, Vorurteile oder Aggressionen.
Inter*
Inter* ist ein emanzipatorischer Sammelbegriff aus der Community. Er bezeichnet Menschen mit angeborenen körperlichen Geschlechtsmerkmalen, die nicht den gängigen gesellschaftlichen und medizinischen Vorstellungen von männlichen oder weiblichen Körpern entsprechen. Diese Variationen der Geschlechtsmerkmale können auf der anatomischen, chromosomalen oder hormonellen Ebene auftreten und sind gesunde Ausprägungen geschlechtlicher Vielfalt. Die Körper von inter* Menschen sind sehr unterschiedlich. Inter* Variationen können nicht nur bei der Geburt, sondern zu jedem Zeitpunkt im Leben sichtbar werden. Viele inter* Personen wissen nicht, dass sie selbst inter* sind.
„Inter“ ist eine lateinische Vorsilbe, welche „zwischen“ bedeutet. Neben inter* verwenden Menschen beispielsweise intergeschlechtlich, intersex, intersexuell und weitere Selbstbezeichnungen. Hinsichtlich ihrer Geschlechtsidentität können sich inter* Personen als Männer, Frauen, nicht-binär, Inter* und/oder trans* definieren.
Grundlegend wichtig ist es, Menschen nach der eigenen Selbstbezeichnung zu fragen und diese zu respektieren.
Auch heute noch werden inter* Personen pathologisiert, also als krank angesehen, und sind massiven Menschenrechtsverletzungen zum Beispiel in Form von uneingewilligten medizinischen Eingriffen ausgesetzt.
Intergeschlechtlich, Intergeschlechtlichkeit
Intergeschlechtlich ist die korrekte Übersetzung des englischen Begriffs „intersex“. Es handelt sich um einen emanzipatorischen, entpathologisierenden Begriff aus der Community, der sich auch außerhalb der Community zunehmend verbreitet und immer mehr den Begriff „intersexuell“ ersetzt.
intersex
Der Begriff „intersex“ wird hauptsächlich im englischsprachigen Raum verwendet. Früher wurde der Begriff im medizinischen Kontext als Überbegriff der meisten Inter* Variationen verwendet. Inzwischen wurde der Begriff in der Medizin weitgehend durch die DSD Klassifizierung abgelöst.
Die Community hat sich den Begriff positiv angeeignet. Er ist als Selbstbezeichnung weit verbreitet und wird im internationalen Kontext als menschenrechtskonformer, emanzipatorischer Begriff anerkannt.
Im Englischen steht „sex“ für die körperliche Ausprägung von Geschlecht. Der Begriff ist daher weniger irreführend als in der deutschen Sprache.
Intersexuell, Intersexualität
Früher war Intersexualität in der Medizin der gängige Überbegriff für die meisten Inter*Variationen. Inzwischen wurde der Begriff weitgehend durch die DSD Klassifikation abgelöst.
In Teilen der Community wird der Begriff Intersexualität abgelehnt und zunehmend durch den Begriff Intergeschlechtlichkeit ersetzt. Kritisiert wird zum einen der medizinische und pathologisierende Ursprung des Begriffs und zum anderen der irreführende Bezug zur Sexualität. Einige inter* Personen verwenden den Begriff jedoch als Selbstbezeichnung.
DSD
DSD steht für „Disorders of Sex Development“ und wird manchmal auch als „Differences of Sex Development“ bezeichnet. Im deutschsprachigen Raum wird im medizinischen Kontext neben der Übersetzung „Störungen der Geschlechtsentwicklung“ auch der Begriff „Varianten der Geschlechtsentwicklung“ verwendet. Es handelt sich bei den Begriffen um eine medizinische Klassifikation, die verschiedene Diagnosen bzw. „Syndrome“ umfasst, mit denen Inter*Variationen pathologisierend bezeichnet werden.
In der Medizin hat die DSD Klassifikation die zuvor gängigen Überbegriffe „Intersexualität“ bzw. „Intersex“ weitgehend abgelöst. Die DSD Klassifikation wird von Inter* Organisationen und anderen Menschenrechtsorganisationen kritisiert und abgelehnt, weil sie die Pathologisierung von Inter* verstärkt, zu ihrer Unsichtbarkeit beiträgt und eine stigmatisierende Wirkung hat. Hinter der DSD Klassifikation steht die Idee, es gäbe körperlich kein „dazwischen“, sondern nur Männer und Frauen mit körperlichen „Störungen“ und „Fehlentwicklungen“.
An die DSD Klassifikation angelehnt wird von manchen Teilen der Inter* Community im deutschsprachigen Raum der medizinische Begriff „Varianten der Geschlechtsentwicklung“ verwendet. Andere Teile der Community kritisieren diesen Begriff als pathologisierend und bevorzugen in Anlehnung an die internationale Community die Bezeichnung „Variationen der Geschlechtsmerkmale“ (engl. Variations in Sex Characteristics)
Variationen der Geschlechtsmerkmale
Der Begriff Variationen der Geschlechtsmerkmale (engl. Variations in Sex Characteristics) wurde von internationalen Inter* Aktivist*innen entwickelt und wird in der Community emanzipatorisch und entpathologisierend verwendet. Er steht in Abgrenzung zum medizinischen Begriff „Varianten der Geschlechtsentwicklung“, der an die pathologisierende Klassifizierung „Störungen der Geschlechtsentwicklung“ (DSD, Disorders of Sex Development, Differences of Sex Development) angelehnt ist.
Durch den Begriff Variationen der Geschlechtsmerkmale soll die Vielfalt an körperlichen Merkmalen gleichwertig beschrieben werden. Zentral ist hier der Schutz von intergeschlechtlichen Menschen vor uneingewilligten medizinischen Eingriffen und Diskriminierung. Es bestehen internationale Bestrebungen auf Grundlage dieses Begriffs Intergeschlechtlichkeit in Antidiskriminierungsgesetze einzubeziehen und uneingewilligte Eingriffe gesetzlich zu verhindern.
Geschlechtsverändernde Eingriffe
Auch heute noch werden an inter* Personen medizinische Eingriffe ohne freie, aufgeklärte Einwilligung durchgeführt, die darauf abzielen ihre angeborenen körperlichen Geschlechtsmerkmale zu verändern oder deren Entwicklung zu verhindern. Diese Eingriffe werden meist an Babys und Kindern sowie im Jugendalter durchgeführt. Um dieses Problem sichtbar zu machen, hat die Community den Begriff geschlechtsverändernde Eingriffe geprägt.
Anmerkung: Der deutsche Ethikrat hatte in seiner Stellungnahme zu Intergeschlechtlichkeit die Bergriffe „geschlechtsvereindeutigende Eingriffe“ und „geschlechtszuweisende Eingriffe“ auf irreführende und problematische Weise für uneingewilligte Eingriffe an intergeschlechtlichen Menschen verwendet. Durch die Trennung in diese beiden Kategorien sollen uneingewilligte Eingriffe bei bestimmten Variationen gerechtfertigt werden. Diese Verwendung wurde von Inter* Aktivist*innen kritisiert. Stattdessen ist der Begriff geschlechtsverändernde Eingriffe bewusst weit gefasst und soll deutlich machen, dass es sich um jegliche Eingriffe handelt, die die körperlichen Geschlechtsmerkmale ohne informierte Einwilligung verändern.
endo/dyadisch
Endo und dyadisch bezeichnet Menschen, die nicht inter* sind, deren körperliche Merkmale also den medizinischen Normvorstellungen von Männern oder Frauen entsprechen. Die Begriffe wurden im Kontext der inter* Bewegung eingeführt, um Normvorstellungen zu hinterfragen. Diese Vorstellungen sollen benannt und dadurch sichtbar gemacht werden.
Die Wortherkunft der beiden Begriffe liegt im Altgriechischen. Endo ist eine Vorsilbe für innerhalb, also das Gegenteil zu inter*; dyadisch bedeutet in ein Zweiersystem passend.
Pathologisierung
Pathologisierung beschreibt den Prozess, in dem etwas von der Medizin als krankhaft definiert wird, das eigentlich keinen Krankheitswert hat.
Als Gegenstück wird der Begriff Entpathologisierung verwendet.
Entpathologisierung ist häufig das Resultat von gesellschaftlichen Bestrebungen und sozialen Bewegungen, die die Pathologisierung kritisieren und anfechten.
Beispiel: Früher wurde Homosexualität pathologisiert und galt als Krankheit. Im Jahr 1990 wurde Homosexualität von der Liste der psychischen Erkrankungen gestrichen und damit entpathologisiert.